Mimose „Mimosa pudica“ – Richtige Pflege und Infos zur Bewegung
- Marco Kerp
- 20. Okt. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Jan.

Die Mimose, auch schamhafte Sinnpflanze genannt, hat durch ihre typische Bewegung, die durch äußere Reize ausgelöst wird, den Begriff „Mimose“ für hochsensible Menschen geprägt. Durch ihr Aussehen und ihre im Vergleich zu den meisten anderen Pflanzen speziellen Schutzmaßnahmen ist sie seit Langem Gegenstand ausgedehnter Forschungen.
Hier erfahrt ihr, wie es zu der Bewegung überhaupt kommt, wie ihr diese besondere Pflanze richtig zu Hause pflegt und vieles mehr.
Verwandtschaft und Früchte

Durch den Bau der Blüte nicht sofort zu erkennen, aber durch den restlichen Bau der Pflanze leicht ersichtlich, ist die Mimose ein Hülsenfrüchtler (Fabaceae) oder auch Leguminose und daher mit Erbsen, Lupinen, Klee oder auch der Robinie verwandt. Den Namen Hülsenfrüchtler hat diese Familie aufgrund der Form der Früchte, die eine Hülse aus einem einzigen länglichen, Fruchtblatt bilden. Dieses öffnet sich bei Reife an der Rückennaht und an der Bauchnaht und lässt die Samen frei – das macht sie zusätzlich zu einer Streufrucht. Auch die Mimose bildet nach erfolgreicher Befruchtung je Blütenstand mehrere kleine sogenannte Rahmenhülsen. Der Name kommt daher, dass das Fruchtblatt sich beim Trocknen nicht wie bei einer Erbse vom Samen löst, sondern fest am Samen verbleibt. Wenn der Same sich löst, bleibt nur der Rahmen an der Pflanze bestehen, was einen dichten Knäuel aus Rahmen hinterlässt.
Die Hülse unterscheidet sich übrigens von den Schoten, die zum Beispiel der Raps bildet, dadurch, dass Schoten aus zwei Fruchtblättern gebildet werden und in der Mitte durch eine Scheidewand getrennt sind.
Eine weitere Eigenschaft, die sich die meisten Leguminosen teilen, ist die Fähigkeit, über kleine Knöllchen an den Wurzeln eine Symbiose mit Bakterien einzugehen, die den Pflanzen eine Möglichkeit der Stickstofffixierung bieten, also der Düngergewinnung. Ganz ähnlich wie schon im Algenfarn-Blogbeitrag beschrieben. Die Mimosen haben hier aber eine besondere Art und Weise entwickelt, dazu später mehr.
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Verbreitung
Die Mimose ist heimisch in den tropischen Gebieten Amerikas. Durch den Menschen hat sie sich aber mittlerweile weltweit verbreitet und ist in Australien, Afrika, Asien, Nordamerika und Südeuropa zu einer invasiven Spezies geworden, was viele Probleme mit sich bringt.
Pflanzenbau
Die Mimose wächst als krautiger Halbstrauch und kann über 1,5 Meter lang werden. Allerdings wächst sie meist niederliegend und erreicht so oft nur 30 cm Höhe über dem Boden. Sie kann mehrere Jahre alt werden und beginnt von unten zu verholzen.

Die Laubblätter sind doppelt gefiedert mit 1. und 2. Ordnung. Die 2. Ordnung sind die kleinen, bewimperten Blättchen, die auf Berührung reagieren, und können 10 bis 26 Paar zählen. Es gibt ein bis zwei Paare der 1. Ordnung. Der Stamm hat vereinzelt kleine Stacheln.

Die Blütenstände der Mimose sind rosa und bestehen aus vielen kleinen Einzelblüten, die in einem Köpfchen organisiert sind, das wie eine kleine Kugel erscheint. Die Blütezeit ist von Juli bis Oktober, und die Blüten sind empfindlich und halten nicht lange. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten und teilweise durch Selbstbestäubung.
Pflege
Aufgrund ihrer tropischen Herkunft ist die Mimose in Mitteleuropa dauerhaft nur als Zimmerpflanze geeignet, da sie Temperaturen über 20 Grad mag. Im Sommer kann sie aber auch auf den Balkon oder in den Garten gestellt werden. Sie mag viel Licht, pralle Sonne könnte aber zu viel sein, daher ist ein Ost- oder Westfenster geeigneter als ein Südfenster. Man kann sie aber auch langsam an die Sonne gewöhnen, was vor allem bei neu gekauften Pflanzen wichtig ist.
Beim Substrat möchte die Mimose keine ausgetrocknete Erde, reagiert aber auch empfindlich auf Staunässe. Gießt sie also immer, wenn die oberen paar Zentimeter der Erde angetrocknet sind.
Wie bereits erwähnt, kümmert sich die Pflanze selbst um ihren Stickstoffdünger. Eine vollwertige Düngerlösung, die nicht hauptsächlich auf Stickstoff basiert, ist für die Mimose geeigneter. Bei klassischen Düngemitteln wird dies als N-P-K-Verhältnis angegeben, wobei N für Stickstoff, P für Phosphor und K für Kalium steht.
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Aussaat
Die Vermehrung funktioniert hauptsächlich über Samen. Die Keimrate wird stark erhöht, wenn man die Samen bis zu 24 Stunden lang einweicht und zusätzlich mit heißem Wasser übergießt. Dies liegt an der dicken Schale, die durch die trocknende Hülse entsteht und die Keimung ansonsten hemmt. Dann sollten die Samen leicht mit Erde bedeckt und warm sowie feucht gehalten werden.
Besonderheiten der Wurzeln
Für die Symbiose mit den stickstofffixierenden Bakterien bilden die Wurzeln der Mimose kleine Knöllchen, in denen sich die Bakterien sehr wohlfühlen und die Stickstoffverbindungen direkt an die Pflanze weitergeben können. Diese Bakterien haben dadurch auch den Namen Knöllchenbakterien oder Rhizobien erhalten. Das ist aber nicht die einzige besondere Fähigkeit der Mimosenwurzeln. Sie haben außerdem mikroskopisch kleine sackförmige Gebilde an der Außenseite, die in ihrer Funktion den Brennnesselhaaren ähneln. Bei Berührung durch Finger, starke Erdbewegung oder Verletzung setzen diese Gebilde diverse Stoffe frei. Zu diesen Stoffen zählen vor allem schwefelhaltige Verbindungen wie Kohlenstoffdisulfid, Propansulfonsäure oder Thiosulfinat. Insbesondere Thiosulfinat kommt auch in der Gattung Allium, also zum Beispiel Zwiebeln und Knoblauch, vor und ist verantwortlich für den starken Geruch, den die Wurzeln der Mimose bei Berührung freisetzen. Interessanterweise setzen die Wurzeln die Stoffe nicht frei, wenn sie mit einem Glasstab berührt werden.
Diese Stoffe werden auch ohne Berührung in geringer Menge in das Substrat entlassen und erzeugen eine sogenannte Rhizosphäre, in der das Wachstum von verschiedenen Pilzen gehemmt wird, wodurch die Symbiose-Bakterien geschützt werden. Außerdem wird das Wachstum von anderen Pflanzen in der nahen Umgebung gehemmt, die nicht so gut mit diesen reizenden Verbindungen klarkommen wie die Mimose selbst. Auch das macht sie zu einem Problem als Unkraut in der Landwirtschaft.
Die Bewegung der Mimose – einfach erklärt

Am bekanntesten ist die Mimose sicherlich durch ihre Eigenschaft, auf äußere Reize zu reagieren und sich für Pflanzen relativ schnell zu bewegen. Sie ist dadurch zu einer beliebten Zimmerpflanze geworden, die vor allem für Kinder sehr spannend ist. Das Gewebe, das es der Mimose ermöglicht, sich überhaupt zu bewegen, nennt sich Pulvinus und ist ein Gelenk, das sich einmal an der Basis des Blattstiels befindet und an der Basis eines jeden Blättchens des Fiederblatts. Einfach gesagt, befinden sich in den Gelenken spezielle Zellen, die auf einen äußeren Reiz reagieren können, indem sie sehr viel Wasser verlieren und dadurch an Volumen einbüßen. Durch die Volumenveränderung, die das gesamte Gewebe durchmacht, zieht sich das Gelenk nur auf einer Seite zusammen und bewegt dadurch das gesamte Blatt in eine Richtung. Da es sich dabei nur um einen Wasserverlust handelt, ist diese Bewegung reversibel. Es dauert bis zu 15 Minuten, ohne weitere Reize, bis sich die Pflanze wieder erholen kann.
Interessanterweise hat sich gezeigt, dass Mimosen eine Form von Erinnerungsvermögen besitzen. Sie können „lernen“, dass ein bestimmter Reiz nicht zu einer Verletzung geführt hat. Dies wurde nachgewiesen, indem die Pflanzen einem bestimmten Reiz – in diesem Fall Fallenlassen – ausgesetzt wurden, bis sie auf diesen Reiz nicht mehr reagierten. Um auszuschließen, dass die Pflanzen überreizt oder „müde“ sind, wurde dann ein anderer Reiz – diesmal Schütteln – ausgeübt, und sie reagierten sofort darauf. Diese „Erinnerung“ hielt bis zu 28 Tage an.
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Die Bewegung der Mimose – chemisch erklärt

Zu den genauen Vorgängen innerhalb der Pflanze und den Geweben, die für die Bewegung verantwortlich sind, ist mittlerweile einiges bekannt. Chemisch gesehen passiert in den Zellen der Mimose eine ähnliche Reaktion wie bei den Nervenzellen von Tieren. Wenn man sich die Blattachseln der Fiederblätter der Mimose mit einem Mikroskop oder einer starken Lupe anschaut, findet man auf dieser Verdickung (dem Pulvinus) viele kleine rote Punkte. Diese roten Punkte sind umgewandelte Stomata-Nebenzellen. Stomata sind bei Pflanzen normalerweise dafür verantwortlich, dass die Blätter einen Gasaustausch mit ihrer Umwelt durchführen können. Sie können sich öffnen und schließen, wodurch eine Öffnung ins Innere des Blattes entsteht und die Pflanze „atmen“ kann. In der Blattachsel haben die eigentlichen Schließzellen jedoch keine Funktion mehr, und die Nebenzellen übernehmen eine neue Aufgabe: Sie sind die Mechanorezeptorzellen, die den Reiz wahrnehmen. Die rote Färbung, die sie so auffällig macht, entsteht durch gespeichertes Tannin, mit dem diese Zellen eine große Menge Calcium (Ca²+) speichern. Bei einem Reiz, der sowohl mechanisch als auch elektrisch erfolgen kann, werden diese Calciumspeicher in die Zellzwischenräume entlassen. Dieses Calcium trifft auf die Pulvinizellen im Gelenk direkt unter den Nebenzellen und aktiviert spannungsabhängige Transportkanäle in der Membran der Pulvinizellen durch seine positive Ladung. Durch diese Kanäle entlassen die Pulvinizellen nun Kalium (K+) und Chlorid (Cl-) Ionen. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht, da nun mehr Ionen außerhalb der Zellen liegen als innerhalb. Dieses Ungleichgewicht erzeugt einen Druck, den man auch osmotischen Druck nennt. Das Wasser innerhalb der Zelle „möchte“ dieses Ungleichgewicht ausgleichen und folgt nun dem osmotischen Druck entlang aus der Zelle heraus. Dadurch verlieren die Pulvinizellen schlagartig eine Menge Wasser und schrumpfen. Da das gesamte Gewebe Wasser verliert, zieht sich nun auch das Gelenk zusammen. Um dieses Potential aufzubauen, muss die Pflanze in ihren Zellen Energie aufwenden, um die verschiedenen Ionen zu „sortieren“. Die Erholungsphase dauert dadurch auch viel länger als die Reaktion selbst.

Die Bewegung der Pflanze dient als Schutzfaktor vor Fressfeinden, die von der plötzlichen Bewegung abgeschreckt werden. Außerdem wird die Oberfläche der Pflanze stark reduziert, was sie zum Beispiel vor Wind schützt. Dies kostet aber auch einiges an Energie. Ein wiederholtes unnötiges Reizen kann die Pflanze daher schwächen.
Interessanterweise wirken auch einige Narkosemittel, wie Ether, die durch das Blockieren solcher Transportkanäle beim Menschen funktionieren, auch bei der Mimose, sodass sie sich dann nicht mehr bewegen kann.
Weiterer Nutzen neben der Zimmerpflanze
Wie auch schon im Blog über die Grünlilie erwähnt, scheint auch die Mimose die Fähigkeit zur Hyperakkumulation zu besitzen. Das bedeutet, dass sie verschiedene für den Menschen giftige Stoffe aus dem Boden ziehen und anreichern kann. Dadurch ist sie in der Lage, den Boden in gewisser Weise von Arsen, Blei, Kupfer, Zinn und Zink zu reinigen.
Mimose „Mimosa pudica“ – Richtige Pflege und Infos zur Bewegung
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